Bewohnerin austherapiert? Wir können sie doch nicht weiter leiden lassen! Wer kann helfen???
#1
Hallo zusammen!
Mal kurz zu mir: ich heiße Peggy, bin 28 Jahre alt und arbeite in Leverkusen auf einer Wachkoma-Station.
Zu meinem Problem:
Wir haben eine junge Bewohnerin (Z.n. Suizidversuch 2005), die mitlerweile von ihrem Hausarzt und der Neurologin als austherapiert gilt, der es aber sichtbar schlecht geht und wir würden ihr so gerne helfen, sind aber auch ratlos.
Folgendes Problem: Die Bewohnerin ist kontrakt in den Beinen (re. Bein in Streckung, linkes Bein stark gebeugt, Spitzfüße, Zehen in Krallenstellung) und Hände in Pfötchenstellung, Arme in Beugespastik. Keine Frage, dass sie unter starken Schmerzen leiden muss, sie kann sich dazu aber leider nicht äußern. Mitlerweile ist eine adäquate grundpflegerische Versorgung nicht mehr gewährleistet, da die Bewohnerin dies einfach nicht zulässt. Sobald man an ihr Bett tritt, verkrampfen sich ihre Gesichtsmuskeln, sie rudert mit dem re. Arm und lässt einfach keine Handlungen zu. Besonders schlimm ist es beim Versuch, ihre Hände zu waschen (Pfötchenstellung, Finger kontrakt) - man hat regelrecht das Gefühl, man tut ihr unglaubliches Leid an - man kann sie ja aber auch nicht nicht waschen. Manchmal hat man den Eindruck," sie fährt irgendwelche Filme", in denen das Pflegepersonal, egal wie liebevoll und vorsichtig wir mit ihr umgehen, als Monster o.ä. fungiert, gegen das sie sich wehren muss. Medikamentös scheint sie austherapiert (laut unserer Ärzte). Sie erhält u.a. Fentanyl 75µg und hochdosierte Muskelrelaxantien (Tizanidin, Baclofen) und Psychopharmaka (wie Diazepam). Leider weiß ich jetzt im Kopf nicht die gesamte Medikation, aber es kommt noch so einiges dazu.
Hat jemand so etwas schonmal erlebt oder kann noch Tipps geben, was wir unternehmen könnten, um ihr zu helfen?
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#2
Hallo Peggy,

was mir als erstes aufgefallen ist...... dass auf einer "Wachkoma-Station" solche Fragen auftauchen obwohl es sich hier um Standardprobleme bei Wachkomapatienten handelt. Arbeiten bei euch Wachkoma-Pflegeexperten ???

Ich bin kein Arzt und kenne auch die Patientin nicht und kann deshalb auch schwer was dazu sagen.

Da mich der Zustand aber an den meiner Frau vor 3,5 Jahren erinnert kann ich dir gerne sagen was wir bei meiner Frau gemacht haben.
Zuerst haben wir alle Psychopharmaka und Schmerzmittel reduziert bzw abgesetzt. Die Schreianfälle und Angstzustände (Monster) wurden besser bzw sind ganz weg.

Meine Frau bekam Baclofen und Sirdalud.... sehr hoch dosiert...... erst als wir diese Medikamente drastisch reduziert/abgesetzt haben wurden die Spastiken besser. Eigentlich ein Widerspruch aber es hat funktioniert. Der linke Arm blieb in Beugestellung und wurde erst nach Botoxbehandlung wieder beweglich.
Tägliche Physiotherapie ist auch sehr wichtig bzw. Pflicht bei solchen Patienten.

Das Problem was ich allerdings bei euch sehe ist dass die Ärzte da mitspielen müssen. :-(

Und noch was........ "austherapiert" ist man erst wenn man in der Kiste liegt.

Viel Erfolg

Grüsse
Ingo
Ingo ( 02/68 ) pflege meine Frau Christine ( 06/69 ), Wachkoma MCS nach Schlaganfall 2008, pflege seit Mai 2009 zu Hause
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Mein Baby gehört zu mir, ist das klar ?
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#3
Hallo Ingo,

es handelt sich hier meiner Ansicht nach nicht um ein Standard-Problem (jedenfalls nicht auf unserer Station). Ich habe bereits einige Wachkoma-Bewohner aufgenommen und verabschiedet, die natürlich alle ihr Eigenheiten und Probleme haben bzw. hatten, aber bei der o.g. Bewohnerin stoßen selbst unsere erfahrendsten MA an ihre Grenzen.
Wir haben unserer Neurologin bereits den Vorschlag gemacht, die Medikamente zu reduzieren oder komplett abzusetzen und einfach mal zu schauen was dann passiert. Vielleicht beeinflussen sie sich in einer Weise, die noch nicht bekannt ist und lösen deshalb diese massive Anspannung und dauerhafte Panik aus. Die Ärztin meinte, sie müsse sich dies mal durch den Kopf gehen lassen...
Es macht mir Mut wenn du sagst, dass es deiner Frau geholfen hat. Wir werden auf jeden Fall nicht locker lassen, um der Bewohnerin zu helfen.

Vielen Dank für deine schnelle Antwort und weiterhin alles Gute!
Gruß, Peggy
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#4
Hallo Peggy,

ich wünsche euch wirklich viel Erfolg dabei.
Leider ist es nicht immer einfach die Ärzte von solchen Medikamentenumstellungen zu überzeugen.

Die Frage ist ja auch welches Ziel man hat.
Will man ihr einfach nur ein schmerzfreies Ableben gestalten dann sollte man die Medis noch höher dosieren.
Oder will man sie aktivieren, wieder integrieren und evtl. sogar zurück holen dann gehört da etwas mehr zu, zB. tägliche Physiotherapie, tägliche Mobilisation in den extra angefertigten Spezialrollstuhl, Ergotherapie, Logopädie, aktivierende Pflege, schwimmen, snoozelen, Spaziergänge u.v.a. mehr.

Gibt es Angehoerige die sie besuchen ? Die man evtl. mit einbinden könnte ?

Grüsse
Ingo
Ingo ( 02/68 ) pflege meine Frau Christine ( 06/69 ), Wachkoma MCS nach Schlaganfall 2008, pflege seit Mai 2009 zu Hause
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Mein Baby gehört zu mir, ist das klar ?
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#5
Hallo Peggy

Ich möchte dir meine Gedanken zu dem bedauerlichen Zustand dieser Frau darlegen.
Alle medizinischen und therapeuthischen Möglichkeiten sind wohl ausgeschöpft worden. Es geht aber auch um die Vorgeschichten, die zu all diesem geführt haben - von nichts kommt nichts.

Es wäre also hilfreich, all die Mosaiksteinchen im Leben zusammen zu tragen, die letzten Endes zu diesm tragischen Zustand der jungen Frau geführt haben:
  • Welche Motivation hatte sie für den Suizid?
  • Welche Ereignisse in ihrem Leben haben sie zu der Entscheidung geführt, dem Leben ein Ende bereiten zu wollen?
  • Gibt es einen Grund für diese von dir beschriebene Körperhaltung? Wie ist die Reanimation verlaufen?
  • Aus welchem sozialen Umfeld kommt diese Frau?
  • Was ist über die Kindheit bekannt? (Eltern Schule etc.)
Wir bestehen nicht nur aus Fleisch und Blut und rein medikamentös wird dieser Fall nicht zu lösen sein.
Wenn du mehr wissen möchtest, dann versuche dich einfach einmal in die Frau hinein zufühlen.

Vielleicht sind dir bereits folgende Bücher zu diesem Themenkreis bekannt, sie sind auf jeden Fall lesenwert:
  • Schöpfer der Wirklichkeit (Dr. Joe Dispenza)
  • Das Gedächtnis des Körpers (Prof. Dr. Joachim Bauer)
  • Sprache ohne Worte (Prof. Peter A. Levine)
Wünsche dir alles Liebe und viel Erfolg für deine anspruchsvolle Tätigkeit.
Wünsche Euch alles Liebe!
lg Druide
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#6
hallo Peggy,
ich hatte dieselben Probleme (Spastik, Kontraktur, Tetrraplegie, MCS ,Tracheostoma, PEG,)) mit unserer Tochter(2Cool, als ich sie mit einem schwerstem SHT nach einem Autounfall auch "austherapiert" vor 5 Jahren nach Hause holte. Auch wir haben ALLE Medis abgesetzt, sie entgiftet und auch ernährungsmäßig wegen ihrer Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Sondenkost)umgestellt(selber kochen und sondieren).
24-Stunden Betreuung durch die Familie (und jetzt erst stundenweise Unterstützung durch Hauskrankenpflege)in vertrauter >Umgebung mit Kontakt zu ihren Tieren(Katze, Pferd)6 Stunden Shiatsu/Woche, Physio, Logo,Cranio-Sacrale Therapie, Osteopathie,Kinesiologische Balance, div.energetische Behandlungen...und heute kann sie etliche Minuten frei sitzen, schluckt breiig, trinkt vom Becher,übernimmt das Gewicht beim Transfer, kann sich mit Stimme und Husten ausdrücken, wenn sie auf die Toilette muss, alle Gelenke sind frei beweglich(sie kann passiv sogar Rolle rückwärts auf der Matte )beginnt die Finger auf Aufforderung aktiv zu bewegen...
ein langer Weg, der noch nicht zu Ende ist.
Geholfen hat uns ..und ihr?.. auch der Kontakt mit einem Schamanen und mit einer "Pferdeflüsterin", die noch im KH
mit ihr mental Kontakt herstellen konnte und wo sie uns genau ihre Befindlichkeit, Bedürfnisse und Ängste mitteilte. Das ist aber den meisten Schulmedizinern nicht zumutbar!
Ich schließe mich voll und ganz INGOS Sätzen an.
Wenn ihre Seele aber nicht mehr hierbleiben will, dann soll man sie nicht gewaltsam hindern, sondern respektieren. Dazu muss man aber herausfinden, was sie wirklich will und braucht und DAS geht nicht im CT oder MR!
Liebe Grüße
hilde
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