Erfahrungen mit Restex
#5
Hallo Rita,

Ihr Mann bekommt Nootrop, also Piracetam. Ich persönlich, und das vorne weg, halte diese Präparate für absolute Geldschneiderei, sie bringen nach meiner Erfahrung überhaupt nichts, ausser, dass sie den Geldbeutel etwas leichter machen und die Konzerne sich freuen.
Im Ernst, ich hatte viele Jahre diverse Patienten, die Piracetam in Form von Nootrop Trinkampullen bzw. in Pulverform zum Auflösen bekamen. Angeblich sollte die Hirnleistung aufgrund erhöhter Durchblutung gesteigert werden, davon habe ich persönlich NIE etwas feststellen können. Ich wette darauf, würden Sie das Präparat absetzen, Sie würden keinen weder negativen, noch positiven Unterschied in der Aufmerksamkeit Ihres Mannes feststellen. Wenn doch, dann wären Sie die erste, von er ich bahnbrechende Ergebnisse unter Nootrop erfahren würde-ich bin sehr neugierig!

Auch wir haben anfangs Nootrop verabreicht, (wird übrigens besonders gern an Privatpatienten verschrieben), ausser, dass mein Patient weder die Trinkampullen, noch das Pulver vertragen hatte, stattdessen über zunehmende Bauchschmerzen klagte, konnte ich keine Wirkung feststellen. Wir haben es wieder abgesetzt, und wie gesagt, er verhielt sich exakt genauso, wie mit Nootrop.

zu L-Dopa
Ich bin mir nicht sicher, inwiefern Sie die Wirkungsweise von L-Dopa kennen, was L-Dopa ist und warum man es, obwohl es ein Parkinson-Präparat ist, in der Wachkoma-Therapie einsetzt. Ich kann Ihnen dies gern in einer PN erläutern, es würde hier zu weit führen. Nur soviel, L-Dopa ist ein sogen. Prodrug, das heißt, Dopamin kann, chemisch hergestellt nicht die Blut-Hirn-Schranke überwinden. dieses L-Dopa passiert also die Schranke und wird zu Dopamin verstoffwechselt und somit nutzbar. Dopamin soll den Antrieb und die Arbeitsleistung im Gehirn steigern, wird in Parkinsontherapie aber als Mittel eingesetzt, um die Kardinalsymptome, Rigor, Tremor und Akinese in den Griff zu bekommen.

Es ist unbestritten, dass eine Langzeiteinnahme von L-Dopa zu nicht zu unterschätzenden Spätfolgen führen kann, L-Dopa kann nicht ewig in gleichbleibender Menge verstoffwechselt werden, die Dosis muss somit zwangsweise erhöht werden. Man behilft sich aber mittlerweile mit Präparaten wie Amantadin, dass als Glutamat-Antagonist die Wirkungsweise des Dopamin selbst bei gleicher Gabe erhöht (dies haben mehrere Studien ergeben). je nach Alter überlegt man(das wäre besonders in deinem Fall, Bettina, wichtig,darum haben sich die Ärzte nämlich auch so angestellt) statt gleich mit L-Dopa zu beginnen, eher auf Dopamin-Agonisten umzuschwenken, dass sind Stoffe, die die Wirkung von Dopamin nachahmen, an den Dopaminrezeptoren andocken, aber kein Dopamin sind (ganz vereinfacht gesagt).

Hört sich alles ganz schrecklich an, ist es aber nicht wirklich:

Wir verabreichen Madopar seit ca. einem Jahr, wir begannen, wie ich schon beschrieben hatte, mit einer, steigerten Wochen später auf zwei, bis wir dann, mit der heutigen Dosis von 3x1 pro Tag angekommen waren.( Das ist noch nicht wirklich bedeutend viel, ein Parkinson-Patient bekommt vergleichsweise das Doppelte, neben anderen Kombipräparaten). Als wir damals anfingen, waren wir absolut überwältigt von der Wirkungsweise. mein Patient schien viel wacher, hochkonzentriert während seiner Therapien und auch während der Grundpflege, dieser Zustand dauerte mehrere Wochen, dann stellte sich eine gleichbleibende "Wachheit"ein, wir gaben die zweite Tablette, dasselbe von vorn, wieder gesteigerte Aufmerksamkeit, man hatte das Gefühl, man könne schnipp machen und er wäre wieder bei Bewußtsein, das war großartig, wir hatten in der Zeit die Möglichkeit, ihm noch mehr anzubieten, begannen mit Konzentrations- und Wahrnehmungsübungen, Schlucktraining, arbeiteten mit unterschiedlichen Geschmacksstoffen, sauer, süß, scharf, würzig, salzig..dann stellte sich wieder ein gleichbleibender Zustand ein, die dritte Tablette, selbes Spiel von vorn, er hat nach wie vor, im Vergleich zu vorher eine gleichbleibende konstante Aufmerksamkeit, hat gute Wachphasen, konzentriert sich bei der täglichen Pflege. Wir arbeiten nach einer Reihe von Konzepten, basale Stimulation, i.S.basaler Waschungen/Massage und Beruhigung oder Aktivierung, nach Bobath und nach Affolter. gerade da, alles was geführte Bewegungen sind, waren die Ergebnisse seit der Gabe von Madopar verblüffend. Mittlerweile weiss m.Patient, wenn ich essen anreiche, dass er den Löffel selber halten und zum Mund führen kann(geführt natürlich)aber er ist dabei in höchsten Maße konzentriert und man spürt förmlich, wie sehr die Bewegungen ihre Maschinenhaftigkeit verlieren und zunehmend flüssiger und gleichmäßiger werden.

Bisher konnten wir keine depressiven Verstimmungen feststellen, was aber nicht heissen soll, dass es diese nicht gibt. Es ist leider keine Seltenheit, und mit zunehmender Wachheit und Bewußtsein eine häufige Begleiterscheinung. Viele Patienten bekommen deshalb Stimmungsaufheller, um das abzufangen. ich denke, wichtig ist, dass man diese Möglichkeit der Nebenwirkung im Hinterkopf behält, dieser aber nur dann im Zusammenhang mit L-Dopa Bedeutung beimisst, wenn sich dauerhafte Stimmungsveränderungen einstellen. Es wird sicher immer Phasen geben, indenen die Patienten ein Tief erleben, sei es durch Erinnerungen an bisher erlebtes traumatisches, sei es durch Angst, sei es auch durch Bewußtwerdung (Klüver-Bucy-Phase) ihrer eigenen Grenzen, zu glauben, man kann und wird auf unsanfte Weise doch eines besseren belehrt, dass man eben noch nicht ganz kann. Depressionen müssen nicht zwangsläufig mit dem Präparat in Verbindung stehen.

Ich bin, wie bereits gesagt absolut überzeugt von diesem Präparat. Sie sollten wirklich froh sein, einen Arzt neben sich zu wissen, der sich an dieser Therapie versuchen will, es dauerte ewig, bis ich unseren Neurologen soweit hatte, das Präparat anzusetzen, und das tat er letztlich auch nur, weil es auf einem Ärztekongress thematisiert wurde und derzeit herausragende Erfolge verzeichnet werden Fresse ach, wirklich???naja, typisch, ich reg mich daüber schon nicht mehr auf...

Versuchen Sie es und verlieren Sie nicht gleich den Mut, wenn sich die Wirkung verzögert einstellt oder ausbleibt. Ein Versuch ist es allemal wert.
Besprechen Sie vielleicht mit Ihrem Arzt nochmal das Herzleiden Ihres Mannes, dennoch, das steht in nahezu allen Waschzetteln, auch die-im Hinterkopf behalten aber nicht überbewerten, messen Sie einfach ein oder zweimal mehr am Tag den Blutdruck(links UND rechts, und nicht mit sonem elektrischen Dingens, sondern mit der herkömmlichen Methode Stethoskop(schreibt man das so..schande..).und Manschette, diese sind genauer als diese elektrischen, zwar mittelalterlich aber nicht zu ersetzen mit diesem neumodischen Kram) um evtl. Gefahren frühzeitig zu erkennen, zumindest in der Anfangsphase würde ich dazu raten. Wichtig wäre noch zu erwähnen, dass die Gabe nüchtern erfolgen sollte, wir machen das nicht, muss ich zugeben, weil diese Tabletten den Magen ohnehin genügend reizen, mein Patient bekommt die Tablette mit der Nahrung gleichzeitig und verträgt sie seither um einiges besser.
Für diejenigen Angehörigen, deren Betroffene unter Krämpfen leiden-L-Dopa erhöht leider das Risiko, Krämpfe zu erleiden. Auch wir haben dies nach Nutzen und Risiko abgewogen und verabreichen es trotzdem. m.Patient krampft seither im Schnitt aller vier bis sechs Wochen für 2-3Min., zwar häufiger als vorher, aber nicht in bedenklichem Ausmaß.

So, das war ja wieder ne Menge Stoff

wenn Sie noch mehr Fragen haben - einfach fragen, ich hoffe, ich kann Ihnen eine zufriedenstellende Antwort liefern.

Viele Grüße
cos
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Nachrichten in diesem Thema
Erfahrungen mit Restex - von Rita - 23.03.2006, 09:48
RE: Erfahrungen mit Restex - von comaofsouls - 29.03.2006, 16:11
[Kein Betreff] - von Rita - 30.03.2006, 08:59
[Kein Betreff] - von Sedolin - 30.03.2006, 09:15
[Kein Betreff] - von comaofsouls - 01.04.2006, 01:51
[Kein Betreff] - von Rita - 02.04.2006, 20:58
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[Kein Betreff] - von comaofsouls - 05.04.2006, 18:22
[Kein Betreff] - von Rita - 28.04.2006, 21:23

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